Die private Haftpflichtversicherung gehört zu den verbreitetsten und wichtigsten Versicherungen. Im Jahr 2022 gab es in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre rund 48,06 Millionen Personen, die selber eine private Haftpflichtversicherung (ohne Kfz) besaßen oder in deren Haushalt jemand anderes eine solche Versicherung besaß (Statista). In diesem Artikel erfährst du, wofür du eine private Haftpflichtversicherung brauchst, wann und wie diese leistet und worauf du bei der Auswahl achten musst.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet Haftpflicht?
Ihr haftet – im schlimmsten Fall ein Leben lang. Ob aus Leichtsinn, Missgeschick oder Vergesslichkeit: Wer einen Schaden verursacht, muss dafür geradestehen. Das ist gesetzlich geregelt. Ihr müsst dem Geschädigten Ersatz leisten – und zwar im Ernstfall mit eurem gesamten Vermögen, inklusive Haus und Grundbesitz, Bankguthaben, Lohn und Gehalt. Selbst eine spätere Erbschaft oder ein Lottogewinn kann herangezogen werden. Um euch und eure Familie umfassend zu schützen, braucht ihr eine Haftpflichtversicherung. Diese versichert das finanzielle Risiko, das nach einem Schaden auf euch zukommen kann. Jedoch sind nicht alle Freizeitrisiken über die Haftpflicht versichert. Spezielle private Risiken von Bauherren, Jägern oder Tierhaltern müssen in der Regel gesondert abgesichert werden.
Grundsätzlich gilt:
Wenn ihr vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, seid ihr dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB).
Was leistet eine Haftpflichtversicherung?
Eine Privat-Haftpflichtversicherung ist wie eine Schutzmauer für euch und eure Familie. Wenn jemand einen Schaden von euch fordert, prüft die Versicherung zuerst, ob ihr tatsächlich dafür verantwortlich seid und wie hoch der Schaden ist. Falls ihr schuldig seid, bezahlt die Versicherung die Reparaturkosten oder den Ersatz der beschädigten Dinge. Außerdem übernimmt sie die Kosten für eventuelle Folgeschäden, wie zum Beispiel medizinische Behandlungen, wenn jemand verletzt wurde, oder den Verdienstausfall der Geschädigten. Sie kann auch Schmerzensgeld zahlen, wenn jemand durch den Vorfall dauerhaft beeinträchtigt ist. Die Versicherung schützt euch auch vor unberechtigten Forderungen. Falls es zu einem Gerichtsverfahren kommt, übernimmt die Versicherung die Kosten dafür. So könnt ihr euch gegen ungerechtfertigte Ansprüche wehren, ohne selbst dafür zahlen zu müssen. Das ist eine Art passiver Rechtsschutz.
Die sogenannte Benzinklausel: Schäden, die beim Gebrauch eines Autos, Motorrads, Mofas oder Ähnlichem entstehen, sind nicht durch die Privat-Haftpflichtversicherung gedeckt. Für Kraftfahrzeuge ist der Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben. Arbeitsfahrzeuge wie Aufsitzrasenmäher oder Schneeräumgeräte bis 20 km/h Höchstgeschwindigkeit benötigen keine Kfz-Haftpflichtversicherung, sondern werden ebenfalls von der Privat-Haftpflichtversicherung erfasst.
Wann seid ihr durch die Privat-Haftpflichtversicherung geschützt?
- Im Straßenverkehr als Fußgänger, Radfahrer oder Skater.
- Wenn ihr einen Elektrorollstuhl (bis 6 km/h) benötigt.
- Die aufsichtspflichtigen Eltern minderjähriger Kinder sind geschützt.
- Die Versicherung schützt Mieter und Bewohner eines Einfamilienhauses vor Forderungen, die durch Gefahren vom Gebäude und Grundstück ausgehen, sofern ihr eurer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen seid.
- Falls ihr als Mieter das Schneeräumen auf den Gehwegen übernehmen müsst, haftet ihr, wenn ihr es versäumt, rechtzeitig Schnee zu räumen und jemand dadurch stürzt und sich verletzt. In einem solchen Fall zahlt die Privat-Haftpflichtversicherung.
Was die Privat-Haftpflichtversicherung nicht abdeckt:
Ihr erhaltet keine Leistungen für Schäden, die ihr selbst erleidet oder euch gegenseitig zufügt. Vorsätzlich herbeigeführte Schäden, reine Vertragsverpflichtungen wie zum Beispiel der Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens, Geldstrafen und Bußgelder sowie Schäden, die durch den Gebrauch eines Wasser-/Luftfahrzeugs oder eines Kraftfahrzeugs entstanden sind, sind nicht durch die Privat-Haftpflichtversicherung gedeckt.
Korrektes Verhalten im Schadensfall
Wenn ihr einen Schaden verursacht habt und ihn bei eurer Privat-Haftpflichtversicherung melden müsst, solltet ihr das innerhalb einer Woche tun. Ihr müsst ehrlich und genau beschreiben, was passiert ist. Falls der Geschädigte rechtliche Schritte einleitet, müsst ihr sofort Widerspruch einlegen und eure Versicherung darüber informieren. Ihr müsst alle Unterlagen, die ihr vom Gericht bekommt, an eure Versicherung weiterleiten. Bevor ihr irgendwelche Schuldanerkenntnisse abgebt oder dem Geschädigten Geld zahlt, solltet ihr unbedingt mit eurer Versicherung sprechen. Die Versicherung prüft den Fall und regelt die Schadensabwicklung gemäß den gesetzlichen Vorgaben. Wenn ihr schon eine große Summe bezahlt habt, müsst ihr den Restbetrag möglicherweise selbst tragen.
Wer ist versichert?
Die Privat-Haftpflichtversicherung schützt zuerst den Versicherungsnehmer, der den Vertrag abgeschlossen hat. Er hat alle Rechte und Pflichten im Vertrag. Außerdem sind durch die Versicherung auch geschützt: Ehepartner oder Lebenspartner, Kinder und sogar Haushalts- oder Gartenhilfen sowie Babysitter. Wenn der Versicherungsnehmer stirbt, bleibt der Versicherungsschutz für die Familie bestehen, bis die nächste Beitragszahlung fällig ist. Übernimmt der überlebende Partner die Zahlung, wird er automatisch Vertragspartner und der Versicherungsvertrag bleibt bestehen.
Wie lange sind Kinder über die Eltern versichert?
Kinder sind normalerweise über die Privat-Haftpflichtversicherung ihrer Eltern versichert, solange sie noch nicht volljährig sind. Die Versicherung endet nur, wenn sie heiraten. Egal wie alt das Kind ist, es bleibt weiterhin über die Eltern haftpflichtversichert, solange es zur Schule geht, eine Ausbildung macht oder in den Zeiten zwischen den Ausbildungsabschnitten ist. Für Rechtsreferendare und Lehramtsanwärter endet die Versicherung in der Regel mit dem ersten Staatsexamen. Wenn die Kinder einen freiwilligen Bundesfreiwilligendienst von normalerweise 12 Monaten absolvieren, sind sie weiterhin über die Privat-Haftpflichtversicherung der Eltern geschützt.
Was das Haftungsalter betrifft, ist das Alter des Kindes und die Situation, in der der Schaden verursacht wurde, entscheidend. Kinder unter 7 Jahren gelten grundsätzlich als nicht haftungsfähig, das bedeutet, sie können nicht für ihr Verhalten verantwortlich gemacht werden. Sind Kinder älter als sieben Jahre, entfällt die Haftung nur, wenn sie nicht erkennen konnten, wie gefährlich ihr Handeln war (§ 828 BGB). In diesem Fall müssen das Kind oder seine gesetzlichen Vertreter das im Einzelfall nachweisen. Im Straßenverkehr gelten jüngere Kinder bis zum Alter von zehn Jahren als nicht in der Lage, komplexe Situationen richtig einzuschätzen. Deshalb können sie normalerweise erst ab zehn Jahren für Unfälle im Straßenverkehr zur Verantwortung gezogen werden.
Aufsichtspflicht der Eltern
Nicht nur das Kind als eigentlicher Schadenverursacher kann ersatzpflichtig gemacht werden. Auch die Personen, die Aufsicht über das Kind hatten, können haften: Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Kindermädchen, Lehrer etc. Und zwar, wenn sie nicht richtig auf das Kind aufpassen (die Aufsichtspflicht verletzen) und das Kind einen Schaden verursacht. Wann genau die Aufsichtspflicht verletzt wird, lässt sich nicht pauschal beantworten und hängt vom Einzelfall ab: Nach § 832 BGB muss derjenige, der Kraft des Gesetzes oder Vertrags die Aufsicht über eine Person hat, den Schaden ersetzen, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt.
Verschiedene Arten der Aufsichtspflicht
Es gibt die gesetzliche Aufsichtspflicht, die für Eltern, Lehrer an Schulen und Ausbilder kraft Gesetzes besteht und nicht vom Einverständnis der Aufsichtspflichtigen abhängig ist. Die vertragliche Aufsichtspflicht wird durch eine entsprechende Vereinbarung übertragen, zum Beispiel an Träger einer Betreuungseinrichtung, Erzieher, Vereine oder Babysitter. Die Gefälligkeitsaufsicht besteht, wenn jemand nur aus Gefälligkeit – also ohne Bezahlung – ein Kind beaufsichtigt; in diesem Fall übernimmt die Person keine Aufsichtspflicht.
Die Risiken des Öltanks
Wenn du mit Öl heizt, hast du eine große Verantwortung. Öltanks können mehrere Tausend Liter fassen. Wenn Öl aus den Tanks austritt und das Grundwasser verschmutzt, können die Rettungsmaßnahmen und die Folgeschäden sehr teuer werden – es könnte sogar deine Existenz bedrohen. Deshalb ist eine Gewässerschaden-Haftpflichtversicherung unverzichtbar. Diese Versicherung hilft, wenn Öl aus undichten Tanks austritt und das Grundwasser verseucht. Auch beim Befüllen des Tanks durch ein Tankfahrzeug kann Öl ins Erdreich sickern, und selbst kleine Mengen können hohe Kosten verursachen. Die Gewässerschaden-Haftpflichtversicherung kommt dann für die entstehenden Kosten auf.
Haftung als Tierhalter
Als Tierhalter haftet ihr, wenn euer Tier einen Menschen verletzt, tötet oder einen Sachschaden verursacht – auch wenn dieser Schaden ohne euer Zutun entstanden ist. Der Besitzer des Tiers haftet also über die sogenannte Gefährdungshaftung.
Ausgenommen sind Haustiere, die aus beruflichen Gründen gehalten werden, sowie Schäden, die Katzen, Meerschweinchen, Wellensittiche etc. mit ihren Krallen, Zähnen oder Schnäbeln verursachen. Für Pferde, Ponys, Esel und Hunde muss eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden.
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