Kaum ein Thema, das es im Grunde seit Anbeginn der Zeit gibt, ist so kontrovers wie das Thema Finanzen und Investment. Es ist auch schwierig zu sagen, welche konkreten Punkte Menschen davon abhalten, sich dem Thema zu widmen. Sei es schlechte Erfahrungen, Unwissen, Angst oder eine Kombination aus vielen Punkten.
Doch im Umkehrschluss ist es, vor allem in Deutschland, noch nie so wichtig gewesen, sich mit dem Thema Finanzen und Investment zu beschäftigen. Das liegt unter anderem an der langen Niedrigzinspolitik, der aktuellen Rezession, gepaart mit hoher Inflation und dem gesellschaftlichen Wandel im Hinblick auf Demographie.
Inhaltsverzeichnis
Welche Möglichkeiten der Geldanlage nutzen Sie aktuell?

Die Grafik (Quelle: Statista) zeigt, wie der “Deutsche” sein Vermögen “investiert”.
Aus diesem Grund sind wir von der InVertas froh Aufklärungsarbeit zu leisten und den Deutschen Sparer zu einem Deutschen Investor auszubilden und dir die Angst vor dem Investieren zu nehmen – aber auch um größere Fehler zu vermeiden und sich wirklich ein Vermögen aufzubauen.
Mit diesem und weiteren Artikel schaffen wir Basics in den Bereichen Finanzen und Investment.
Wichtig: Wir uns nicht als Finanzgurus und behaupten nicht, dass wir alles wissen und können. Wir haben auch nicht die Eierlegendewollmilchsau – genauso wenig wie eine Glaskugel.
Aufbau und Zielsetzung dieses Artikels und der Reihe Grundlagen von Investmentarten
Um dir ein besseres Verständnis über den und folgenden Artikel zu geben, grenzen wir zuerst einige Themenfelder ab.
Was ist dieser Artikel NICHT: Um das Thema Investment und Finanzen komplett aufrollen, bedarf es im Grunde genommen auch eine Aufklärung über die Entstehung des heutigen Finanzsystems, Begriffen wie Zins und Rendite, sowie betriebs- und volkswirtschaftlichen Zusammenhängen. Wir haben bewusst diese meist sehr trockenen und zähen Themen außen vor gelassen und denken nicht, dass alles Wissen rund um diese Themenblöcke im Detail notwendig ist, um die folgenden Artikel zu verstehen.
Heute soll es vor allem um die Absoluten Basics gehen, die in jeder Form von Investment anzuwenden sind und auch ausschlaggebend sind, ob und welche Investments du tätigen solltest.
Die ganze Reihe beinhaltet darüber hinaus Artikel über Aktien, Anleihen, Fonds und ETF’s, Edelmetalle und je nach eurem Feedback auch Themen darüber hinaus. Des Weiteren gibt es eine Reihe von Altersvorsorge und Immobilien.
Was ist ein Investment?
Um die Frage zu klären, was eigentlich ein Investment ist, sollten wir uns zuerst die Definition eines Investments anschauen. Doch gibt es nicht DIE Definition von Investment, sondern in der Regel spricht man bei einem Investment über:
“Ein Investment ist ein (temporärer) Verzicht einer Sache um zu einem späteren Zeitpunkt eine andere Sache zu erhalten”
Dabei ergeben sich offensichtlich 3 elementare Punkte, die ein Investment innehat. Zum einen gibt es einen zeitlichen Aspekt, eine Art Transformation (= eine Umwandlung) und einen Verzicht.
Wie auch bei anderen Theorien ergibt sich durch diese 3 Punkte eine Wechselwirkung, die abhängig vom Investment stark oder weniger stark ausgeprägt sein kann. Ein einfaches Beispiel ist das oben erwähnte Sparbuch. Die Grundidee des Sparbuches ist, mein Geld einer Bank (meist Sparkasse oder Volksbank) zur Verfügung zu stellen, um dieses relativ sicher zu vermehren. Dabei ergibt sich ein Verzicht der Kontrolle über mein Geld, über eine gewisse Zeit, um daraus mehr Geld zu machen.

Leider funktioniert in der heutigen Zeit, auf Grund von Niedrigzinspolitik, das vermehren des Geldes auf einem Sparbuch nicht mehr. Die Grundidee und die 3 elementaren Punkte eines Investments bleiben dennoch bestehen.
Klassifizierungen von Investments
In der Theorie gibt es viele Möglichkeiten, Investments zu klassifizieren. Am häufigstens wird zwischen:
- Sachinvestitionen (Gebäude, Grundstücke, aber auch Maschine oder Kunst, uvm.)
- Immaterielle Investitionen (Lizenzen, Patente, aber auch Wissen und Forschung, uvm.)
- Finanzinvestitionen (Aktien, Anleihen, aber auch Beteiligungen)
unterschieden. Deren Grundlage ist (fast) immer Geld und mit dem Ziel des Erhalts oder der Vermehrung dessen zu tun.
Dabei müssen Investments nicht immer zwingend mit Geld zu tun haben, sondern können auch in Form von Energie, Arbeitsleistung oder Zeit sein. Auch das Lesen und Schreiben solcher Artikel ist eine Form von Investment.
Wir wollen uns aber auf das Investment mit dem Ziel des Vermögensaufbau fokussieren.
Wichtig ist es dennoch zu verstehen, dass es auch viele andere Ziele und Motive gibt: Geld, Zeit und/oder Energie zu investieren. Dazu kommen wir später nochmal.
Investments am modernen Finanzmarkt
Damit wir alle von demselben “modernen” Finanzmarkt sprechen, lass uns kurz gemeinsam die Themengebiete des modernen Finanzmarkts festsetzen. Die oben gezeigte Statistik zeigt sehr schön, dass in Deutschland der klassische Finanzmarkt immer noch von Geldmarktprodukten (wie Sparbuch, Tages- oder Festgeldkonten) regiert wird. Das bedeutet, wenn wir in unseren Artikeln vom modernen Finanzmarkt sprechen umfasst dies folgende Punkte:
- Aktien (Beteiligungen an Unternehmen)
- Anleihen (Beteiligungen an Unternehmen und/der Staaten)
- Fonds (“Pakete” aus Aktien, Anleihen und/oder anderen Assets)
- ETF’s (Sonderform eines Fonds)
- Immobilien (Grundstücke, Gebäude, Maschinen u.ä.)
- Bitcoin
- …andere Kryptowährungen und Blockchain Investments (Altcoins, DeFi etc.)
Die meisten dieser Investmentmöglichkeiten sind Investments in Sachwerte und/oder immaterielle Wirtschaftsgüter. Diese weisen entweder keine oder eine starke negative Korrelation (Zusammenhang zwischen bestimmten Sachen) mit der anhaltenden Niedrigzinspolitik auf. Außerdem sind Sie teilweise oder ganz inflationsgeschützt (d.h. Schutz vor dem Kaufkraftverlust).
Vereinfacht ausgedrückt sind Sachwerte das Investment in Assets (=Vermögenswerte), deren echter Wert nicht Geld ist. Man spricht von einem intrinsischen Wert. Stell dir ein Haus auf einem Grundstück vor und stell dir vor, was der echte Wert dieser Immobilie ist. Es ist eine Sammlung von Bodenwert, Materialwerten, Arbeitsstunden und vielen anderen. Der Gegenwert in Geld dient nur dazu, den Vermögenswert gebündelt darzustellen.
Geldmarktprodukte wiederum haben keinen intrinsischen Wert, sondern der Investor wird in Form eines Zins für das Bereitstellen von Geld entschädigt. Diese Investments unterliegen völlig der Inflation und korrelieren stark mit der Niedrigzinspolitik.
Was ist ein gutes und ein schlechtes Investment?
Um zu ermitteln, was ein gutes und was ein schlechtes Investment ist, schauen wir uns zunächst nochmal die 3 Elementaren Punkte eines Investments an und formulieren diese gemeinsam um.
- Verzicht
- Zeit
- Transformation
Da wir uns darauf geeinigt haben, dass wir in unseren Artikeln vor allem von Investitionen im modernen Finanzmarkt sprechen, ergeben sich aus den o.g. Punkten folgende passende Begriffe:
Sicherheit
Der Verzicht über die Kontrolle meines Investments ist gleichzusetzen mit dem sich daraus resultierenden Sicherheits – bzw. Risikofaktor. Das bedeutet, ein Investment kann verschiedene Stufen von Sicherheit haben. Von (fast) 100%iger Sicherheit bis hin zum Totalverlust.
Beispiel:
Ein Investment in eine deutsche Staatsanleihe ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sicherer als ein Investment in einen Kredithai.
Liquidität
Der Liquidität, welche beschreibt, wie schnell ich mein Investment wieder in Geld umwandeln kann, steht meist in großer Verbindung mit dem zeitlichen Aspekt. Investments mit einer hohen Liquidität sind in der Regel schneller veräußerbar als Investments niedriger Liquidität.
Beispiel:
Eine Immobilie lässt sich viel langsamer in Geld liquidieren als beispielsweise eine Aktie oder ein Bitcoin.
Rentabilität
Die Rentabilität drückt aus, wie sehr bzw. wie wenig sich ein Investment lohnt. Diese Transformation findet meist sehr simpel statt und misst sich in der Regel daran aus, wie viel Geld ich mehr oder weniger Geld gemacht habe.
Beispiel:
Die Rendite der Tesla Aktie vom 02.01.2020 bis zum 10.07.2020 lag bei 343,68%. Das bedeutet, dass eine Tesla-Aktie am 10.07.2020 mehr als 3,43 mal soviel Wert hat wie noch am 02.01.2020.In derselben Zeit hat die Wirecard Aktie 97,96% verloren.
Liquidität
Der Liquidität, welche beschreibt, wie schnell ich mein Investment wieder in Geld umwandeln kann, steht meist in großer Verbindung mit dem zeitlichen Aspekt. Investments mit einer hohen Liquidität sind in der Regel schneller veräußerbar als Investments niedriger Liquidität.
Beispiel:
Eine Immobilie lässt sich viel langsamer in Geld liquidieren als beispielsweise eine Aktie oder ein Bitcoin.
Magisches Dreieck
Um nun ein gutes von einem schlechten Investment zu unterscheiden, setzen wir diese 3 Punkte in Relation. Diese Relation wird auch als magisches Dreieck bezeichnet.

Diese 3 Eckpunkte stehen immer in Spannung zueinander. Das bedeutet, ein seriöses Investment kann niemals alle 3 Punkte zu 100% bedienen. Eine Ausrichtung in Richtung eines Punkte führt immer zum (Teil-) Verlust der beiden anderen.
Das bedeutet, dass es kein Investment gibt mit sehr hoher Rendite, sehr hoher Sicherheit und zu jederzeit verfügbar ist. Wer euch so etwas verspricht, kann nicht seriös sein.
Beispiel:

Eine Immobilie ist ein Asset mit einer sehr guten Sicherheit, einer moderaten Rentabilität und einer schlechten Liquidität.
Selbstverständlich ist dies eine schematische Darstellung und nicht jede Immobilie hat die gleiche Sicherheit, Rentabilität und/oder Liquidität. Dazu aber mehr in den Fachartikeln der einzelnen Assets, die in den nächsten Wochen folgen.
An dieser Stelle ist der ein oder andere gewillt für sich zu entscheiden, welchen der 3 Punkte er als besonders wichtig empfindet und was für ihn ein gutes bzw. schlechtes Investment ist. Ich zum Beispiel werde Rentabilität und Liquidität immer stärker präferieren als Sicherheit.
Um nun wirklich festzustellen, was ein gutes und was ein schlechtes Investment ist, fehlen aber weitere elementare Punkte, die für jede Person individuell sind.
Die nächsten Abschnitte werden sich mit den Themen…
- Anlage Horizont
- Diversifikation (=Risikostreuung)
- Persönliche Situation
- Ziele eines Investment
…beschäftigen und dir aufzeigen, welche Investments für dich individuell als gut oder als schlecht zu bezeichnen sind. Wichtig zu verstehen an dieser Stelle ist, dass ein gutes Investment für dich, gleichzeitig ein schlechtes für eine andere Person darstellen kann und umgekehrt.
Was bedeutet Anlagehorizont und welche Auswirkungen hat dieser?
Der Anlagehorizont, die Zeitspanne, die ich als Investor bereit bin, um mein Investment zu entbehren. Das bedeutet die Zeitspanne, in der ich keinen Zugriff auf mein Geld benötige. Des Weiteren bedeutet es bestenfalls, dass selbst in einer Notlage, ich genug liquide Mittel habe, um dieses Investment nicht liquidieren zu müssen.
Der Anlagehorizont ist einer der wichtigsten Kompetenten, wenn nicht sogar die wichtigste Komponente, in einem guten und stabilen Vermögensaufbau. Wir werden im Laufe dieses Unterkapitels noch herausfinden, wie viel mir die Wahl eines falschen Anlage Horizontes kosten kann.
Wir holen uns nochmal das magische Dreieck in das Gedächtnis zurück und ausgehend davon beschreiben wir den Anlagehorizont wie folgt:
“Meinen perfekten Anlagehorizont finde ich, wenn ich weiß wie stark Rentabilität und Sicherheit in Abhängigkeit der Liquidität und der Zeit miteinander verknüpft sind!”
Für die meisten Leser klingt das vermutlich erstmal nach einer schweren Herausforderung. In der Realität und in Verbindung mit dem Wissen über das magische Dreieck lässt sich der richtige Anlagehorizont relativ einfach herausfinden.
Den richtigen Anlagehorizont finden
In meinen Beratungen fällt mir leider sehr oft auf, dass viele potentielle Investoren sich vorher über ihre Ziele und ihren Anlagehorizont keine Gedanken gemacht haben. Gemeinsam erstellen wir dann eine Timeline und finden den richtigen Anlagehorizont für eventuelle Ziele heraus.
Grundsätzlich unterscheidet man in drei Szenarien, die nicht einheitlich definiert sind.
- Kurzfristig (< 1 Jahr)
- Mittelfristig (1–5 Jahre)
- Langfristig (>5 Jahre)
Die Problematik, die sich dadurch dennoch ergibt, ist, da alle Komponenten so eng miteinander verbunden sind, eine Betrachtung nur auf zeitlicher Ebene wenig Sinn macht. Baue ich mein Portfolio zum Beispiel nur aus Aktien auf, ergibt sich wieder ein ganz anderer Anlagehorizont.
Allgemein könnte man einen guten Anlagehorizont so formulieren:
Je länger ich auf mein Geld verzichten kann, also je länger mein Anlagehorizont ist, desto mehr kann ich auf Sicherheit und Liquidität verzichten, um eine hohe Rentabilität zu erhalten.
Umgekehrt bedeutet das, je kürzer mein Anlagehorizont ist, desto mehr Sicherheit und Liquidität sollte meine Anlage bereitstellen. Dafür erhalte ich in der Regel eine niedrige Rentabilität.
Grob und vereinfacht lassen sich folgende Assets mit folgenden Anlagehorizonten in Verbindung bringen:

ACHTUNG: Mittel- und langfristig tausche ich hier teilweise oder ganz Sicherheit gegen Rentabilität. Wie schon mehrfach erwähnt, kann der persönliche Anlagehorizont in Verbindung mit Risikoaffinität und persönlicher Situation stark voneinander abweichen.
Was kostet mich ein falscher Anlagehorizont
Um zu verstehen, wieso ein falscher Anlagehorizont zu massiven Einbußen führen kann, auch wenn ich keinen Verlust habe, machen wir einen kleinen Exkurs in die Betriebswirtschaftslehre. Die Opportunitätskosten, auch Verzichtskosten genannt, beschreiben entgangene Erlöse, also Umsätze oder sogar Gewinne, die dadurch entstehen, dass vorhandene Möglichkeiten (auch Opportunitäten genannt) nicht genutzt werden.
Doch zunächst machen wir ein sehr einfaches Beispiel, bei dem schnell klar wird, wieso der Anlagehorizont und die falsche Wahl dessen Geld kosten kann.
Max, 20 Jahre, kam Anfang 2019 auf die Idee, nach seinem Abitur nach Japan zu fliegen und dort 3 Monate Urlaub zu machen, bevor er anfängt zu studieren. Für sein Studium haben ihm seine Eltern bereits im Vorfeld 10.000€ zur Verfügung gestellt. Max, der sich nicht mit Aktien auskennt, aber von einem Kumpel gehört hat, dass der Cannabis-Markt ein enormes Wachstumspotenzial hat. Darum googled Max nach Cannabis Aktien und kaufte Aktien von Canopy Growth Corporation, einer kanadischen Cannabis Firma.
Er kaufte für die ganzen 10.000€ am 15.07.2019 insgesamt 317 Aktien im Wert von je 31,49€. Damit Max seine Reise nach Japan antreten kann, muss er bis 31.03.2020 das Geld für die Reise überwiesen haben. Die Reise kostet ihn 5.000€. Er ist also gezwungen am 30.03.2020 Aktien zu verkaufen, da Max sonst über keinerlei Vermögen verfügt.
Der Aktienkurs am 30.03.2020 steht bei 13,20€ je Aktie. In seinem Depot steht ein Wert von 4.191,81€. Max ist also gezwungen alle Aktien zu verkaufen und einen Verlust von über 5.800€ zu realisieren.

Doch Max hat noch viel größere Probleme. Er hat nicht genug Geld zur Verfügung für seine Reise nach Japan und außerdem hat er kaum noch Kapital für den Start seines Studiums zur Verfügung. Neben der Tatsache, dass Max keine Erfahrung mit Aktien hatte, waren sein Anlagehorizont und sein sonstiger Liquiditätsengpass die falsche Voraussetzung für ein Investment in Aktien.
Für solch ein konkretes Ziel hätte Max mindestens die 5.000€ auf einem Girokonto und/oder Tagesgeldkonto parken sollen.
Nun zu den Opportunitätskosten bzw. der möglicherweise entgangenen Rendite.
Klaus, 43 Jahre, legte vor 23 Jahren einen monatlichen Sparplan, in Höhe von 500€ pro Monat, für sein Tagesgeldkonto an. Sein Ziel war es, Eigenkapital aufzubauen, um mit Anfang 40 ein Haus zu kaufen. Klaus ist aus Berufsgründen ein sehr risikofreudiger Mensch. Klaus ist Sprengmeister und macht in seiner Freizeit so einige Extremsportarten, wie Motorcross und Bungee Jumping. Klaus hat gute Beziehungen zum Vorstand der Sparkasse in seinem Ort, weshalb er seit 23 Jahren trotz der aktuellen Niedrigzinspolitik 2% Zinsen p.a. auf sein Tagesgeldkonto bekommt. Seit 23 Jahren hat er nicht auf sein Tagesgeldkonto geschaut und möchte sich jetzt ein Eigenheim kaufen. Klaus hat am 01.07.1996 begonnen und ruft jetzt 23 Jahre am 01.07.2019 das Geld ab.

Klaus hat insgesamt 138.000€ (12 x 23 x 500€) eingezahlt und verfügt heute über ein Vermögen von knapp 175.000€. Er hat also insgesamt 26,81% Rendite vor Inflation und Steuern erwirtschaftet.
Da Klaus ein risikofreudiger Mensch ist und sein Anlagehorizont sehr langfristig gewählt wurde, wäre Klaus besser beraten gewesen, wenn er in andere Assets wie ein Tagesgeldkonto investiert hätte. Eine gute Alternative wäre der MSCI World Index gewesen (zur Vereinfachung ignorieren wir Depotgebühren, Steuern oder andere anfallende Kosten).
Diese Renditedifferenz sind Opportunitätskosten. Die nachfolgende Grafik zeigt einen möglichen Vermögenszuwachs.

Auch hier hat Klaus 138.000€ investiert. Er würde aber über ein Vermögen von über 262.000€ verfügen. In diesem Fall hätte Klaus eine Rendite von über 89,85% vor Steuern und Inflation erwirtschaftet.
Seine Opportunitätskosten sind also ca. 87.000€ oder knapp 63% seines investierten Kapitals.
Für diese Berechnung wurde vereinfacht die Wertentwicklung des MSCI World Index als Grundlage genommen.
Zusammenfassend können wir festhalten, dass die Wahl des richtigen Anlagehorizonts, neben Sicherheit, Rentabilität und Liquidität eine entscheidende Rolle beim Investieren spielt.
Diversifikation – der Stabilitäts Booster in deinem Portfolio
Diversifikation bedeutet im Zusammenhang mit Investment und Finanzen, sein Risiko durch gezielte Streuung zu reduzieren, um die Rentabilität zu steigern und/oder die Sicherheit zu erhöhen.
Eine gesunde und gute Diversifikation bildet den Grundstein für ein solides Investment und stabilisiert ein Portfolio.
Diversifikationsmöglichkeiten
Diese Streuung kann als Asset übergreifend oder auch innerhalb eines Assets sein. Ein sehr gutes Beispiel für eine stabile Diversifikation innerhalb von Aktien ist das Investieren weltweit und branchenübergreifend. Eine übergreifende Diversifikation erreiche ich durch die Mischung von Aktien, Anleihen und beispielsweise Kryptowährungen.
Was ist das beste Risiko Rendite Verhältnis?
Das Optimum zwischen Rentabilität und Sicherheit nennt sich Risiko – Rendite – Verhältnis. An diesem Punkt lohnt es sich nicht, mehr Risiko einzugehen, um mehr Rendite zu erwirtschaften. An diesem Punkt ist die Diversifikation am besten und eine höhere Streuung über diesen Punkt hinaus lohnt sich in der Regel nicht.
In der Regel ist dies eine rein theoretische Größe und kann bestenfalls durch sogenanntes Backtesting gefunden werden. Jedoch ist es möglich, nah an diesen Punkt heranzukommen.
Vereinfacht ergibt sich daraus dieses Schaubild:

Punkt A:
In Punkt A lohnt es sich, noch mehr Risiko einzugehen, um mehr Rendite zu erwirtschaften, da ich %tual mehr Rendite pro Risiko erhalte.
Punkt B:
Der Scheitelpunkt dieser Kurve stellt gleichzeitig das Optimum da, also das beste Risiko-Rendite-Verhältnis.
Punkt C:
Hier lohnt es sich nicht mehr, mehr Risiko für mehr Rendite einzugehen. Ich erhalte %tual weniger Rendite pro Risiko.
Mathematisch wird es immer besser sein, sich zwischen Punkt A und B zu bewegen, als zwischen B und C. Die höchsten Opportunitätskosten habe ich zwischen dem Nullpunkt und Punkt A.
Es gibt viele Ansätze in der Wirtschaft und von großen und bekannten Investoren, um diesen Punkt zu finden. Der Arero Weltfonds, ein Wissenschaftsprojekt aus Deutschland, genauer aus der Universität Mannheim, liegt laut eigenen Angaben ziemlich nahe an diesem Punkt.
Die Performance liegt im Sektor (also im Vergleich zu anderen Mischfonds) leicht über anderen. Gemessen an der Performance von reinen Aktienfonds oder gut diversifizierten, offensiven Portfolios liegt die Performance aber deutlich unter diesen.
Sollte deine persönliche Situation deine Art zu investieren beeinflussen?
Nachdem wir uns jetzt einigen mathematischen Faktoren gewidmet haben, können wir festhalten, dass das Investieren eine Wissenschaft sein kann. Was wäre aber eine gute Wissenschaft ohne Ausnahmen von Regeln.
In diesem Fall bist du die Ausnahme. genauer gesagt deine persönliche Situation. Hier spielt nicht nur deine Risikoaffinität, das heißt wie viel Risiko du bereit bist einzugehen, sondern auch deine Lebensplanung und aktuelle Lebenssituation eine entscheidende Rolle.
Zuerst solltest du immer über einen gewissen Notgroschen verfügen, also Geld, das sofort verfügbar und keinerlei Schwankungen ausgesetzt ist. Dieser kann in jeder Lebenssituation variieren, sollte jedoch mindestens 2–3 Nettogehälter hoch sein.
Außerdem solltest du wissen, ob du dir größere Anschaffungen, wie eine Immobilie, ein Auto oder eine Weltreise, leisten willst. Diese konkreten Ziele sollten genauer geplant werden, um eine große Liquiditätslücke zu vermeiden.
Des Weiteren spielt dein Umfeld eine tragende Rolle. Am besten können wir dies an einigen Beispielen nachvollziehen:
Max, 20 Jahre, hat sich die Finger an Cannabis Aktien verbrannt. Er ist Single und schuldet niemandem Rechenschaft. Seine Risikoaffinität wird deutlich über dem Durchschnitt liegen, sonst wäre er nicht all-in in Cannabis Aktien gegangen. Sein Verlust (aus dem Beispiel oben) wird ihn langfristig nicht in den Ruin treiben und führt auch nicht dazu, dass er bestehende Verbindlichkeiten nicht decken kann (zur Not kann er halt nicht nach Japan). In so einem Beispiel fällt es Menschen viel leichter, hohe Risiken einzugehen und einen Großteil Ihres Vermögens und/oder Lohns zu investieren.
Klaus, 43 Jahre, will eine Immobilie erwerben. Er ist verheiratet und hat eine kleine Tochter. Trotz hoher Risikoaffinität, als Sprengmeister und Bungee Jumper ja kein Wunder, hat Klaus defensiv investiert. Er trägt Verantwortung für seine Familie und hat ein klares Ziel, den Erwerb eines Eigenheims, vor Augen. Seine Risikoaffinität im Bezug auf Investments sollte dennoch über dem Durchschnitt liegen, da er über aktives Vermögen verfügt und (zumindest in unserem Beispiel) über ein gutes Einkommen verfügt.
Peter, 27 Jahre, ist arbeitslos und verfügt über keine Familie. Unabhängig von seiner Risikoaffinität sollte Peter andere Prioritäten setzen als Investment. Erst durch ein stabiles Einkommen und einem Notgroschen an Vermögen machen Investitionen Sinn.
Clarissa, 31 Jahre, Witwe und 2 Kinder. Clarissas Mann ist bei einem Unfall ums Leben gekommen. Sie und Ihre 2 kleinen Kinder haben eine kleine Summe geerbt. Clarissa hat einen guten Job. Trotz ihrer hohen Risikoaffinität, investieren Sie sehr defensiv. Ihr sind Liquidität und Sicherheit wichtiger. Das ist eine gute Entscheidung, da Sie eine hohe Verantwortung gegenüber Ihren Kindern und sich selbst haben.
Darüber hinaus gilt das Credo erst Schulden zu tilgen, die einen höheren Zins aufweisen als Renditen, die am Markt zu erwirtschaften sind (gilt in der Regel nur für Privatpersonen). Auch wenn heutzutage viele Dinge mit 0% finanziert werden können (was durchaus Sinn machen kann), gibt es viele Menschen, die hohe Dispokredit- und Kreditkarten schulden haben. Diese können sich gut und gern im zweistelligen Prozentbereich befinden und können zu einer Überschuldung (Insolvenz) führen.
Zinsdifferenzgeschäfte sollten nur in Betracht gezogen werden, wenn du eine hohe Risikoaffinität aufweist und über einen sehr hohen Notgroschen verfügst.
Risikoaffinität – Bauchgefühl oder Wissenschaft?
Wie du sicher mittlerweile festgestellt hast, liegt die Wahrheit hier relativ genau in der Mitte. Es gibt sowohl einige objektive Faktoren, wie gemäß dem Anlagehorizont entsprechende Rentabilitäts Erwartungen, als auch subjektive Faktoren, wie deine Lebenssituation. Letztendlich solltest du selbst entscheiden, wie viel Risiko du bereit bist zu geben, um deine finanziellen Ziele zu erreichen. Wichtig zu verstehen ist jedoch, dass es nirgendwo eine 100%ige Sicherheit gibt. Nicht einmal in zinslosen Geschäften. Außerdem führt unter anderem die lang anhaltende Niedrigzinspolitik dazu, dass es fast unumgänglich ist, Risiken einzugehen.
Exkurs: Deutschland spart sich arm
Ich bin der Meinung heutzutage sind wir an einem Punkt angekommen, an dem es sich kaum noch jemand leisten kann, keine Risiken mehr einzugehen. Die Schere zwischen Arm und Reich steigt stetig an, während der demographische Wandel in Verbindung mit dem medizinischen Fortschritt voll und ganz zuschlägt. Die Gründe dafür wollen wir in diesem Artikel nicht erörtern, Sie führen aber zwangsläufig zu meiner These.
Während es früher vollkommen ausgereicht hat, sein Geld auf der Bank zu horten, die hohen Tagesgeldzinsen etc. auszunutzen, ist es heute faktisch unmöglich, dem Kaufkraftverlust ohne das Eingehen von Risiken entgegenzuwirken. Geschweige denn echten Vermögensaufbau zu betreiben.
Während die Statistik am Anfang des Artikels deutlich zeigt, dass Deutsche immer noch hauptsächlich ihr Geld auf ein Sparbuch legen, zeigt die Zinsentwicklung, dass dies zu reellen Vermögensverlusten führt.


Die beiden Schaubilder (Quelle: Statista ) zeigen deutlich, dass Tagesgeldzinsen (BLAU) schon sehr lange unter der Inflation verzinsen und selbst Festgeld (LILA) die Inflation kaum oder gar nicht mehr ausgleichen kann.
Gepaart mit dem Sparverhalten der Deutschen und dem Horten von Geld ergibt sich ein erschreckendes Szenario: Deutschland spart sich arm.
Mögliche andere Ziele eines Investments
Wir haben jetzt schon sehr lange über finanzielle, also größtenteils ökonomische, Ziele, eines Investments gesprochen. Wie schon am Anfang des Artikels erwähnt, gibt es durchaus auch andere Motive und Ziele. Von immer größerer Bedeutung wird die Kombination aus ökologischen und ökonomischen Zielen.
Investoren versuchen vermehrt, trotz der Gedanken der Geldvermehrung durch Sachwerte in nachhaltige Projekte zu investieren. Die nachfolgende Statistik zeigt die Entwicklung in nachhaltige Fonds allein in Deutschland:

Des Weiteren ist es für viele Firmen immer wichtiger geworden, in Marketing und PR zu investieren, um neben Umsatzsteigerung auch Image Verbesserungen zu erwirken.
Manche Menschen verfolgen auch ganz eigene Ziele und teilen diese nur teilweise oder gar nicht mit ihren Mitmenschen. Nicht jeder Mensch, der beispielsweise spendet, will dadurch alleine eine Steuerersparnis erwirken, ebenso wenig will jeder Spender soziale Anerkennung erlangen. Manchen Menschen reicht es, so etwas für sich selbst und ihr eigenes Gewissen zu tun.
Dennoch, auch wenn ich dazu keine passende Statistik gefunden habe, bin ich der Meinung, dass die meisten Menschen Geld investieren, um mehr Geld damit zu erwirtschaften.
Im Übrigen denke ich, dass das beste Investment immer ein Investment in sich selbst und seine Gesundheit ist. Denn die menschliche Arbeitskraft, ob körperlich oder geistig, hat in der Regel noch die beste Rendite erwirtschaftet.
Abschließende Worte und ein Ausblick auf zukünftige Artikel
Ich hoffe, dieser Artikel hat dir einiges an Mehrwert gegeben und hat dir den Anstoß gegeben, dich mit dem Thema Investment und Finanzen auseinanderzusetzen. Außerdem hoffe ich, dass ich dir die Angst vor dem Investieren nehmen und aufzeigen kann, dass es mehr als das Sparbuch gibt.
Des Weiteren möchte ich dir ans Herz legen, immer eine eigene Recherche zu machen und immer an den Satz zu denken: “Wenn sich ein Investment zu gut anhört, um wahr zu sein, ist es in der Regel auch nicht wahr.”
Denk immer daran, deine eigene Risikoaffinität an deinen Anlagehorizont anzupassen und deine persönliche Situation dabei nicht zu vernachlässigen. Fühl dich ermutigt zu investieren und habe keine Angst vor Verlusten.
Die nächsten Artikel werden sich mit den Themen Aktien, Anleihen, Fonds und ETF’s befassen, damit du selbst schnell in die Umsetzung kommen kannst.
Ich freue mich über jegliches Feedback und Wünsche für zukünftige Artikel. Ganz viel Erfolg und Spaß beim Investieren wünscht dir Marcel.
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