Dieser Beitrag soll bewusst die Bedeutung von Al­ters­ar­mut in Deutsch­land ver­deut­li­chen. Oft wird die Be­völ­ke­rungs­grup­pe der Rentner von vielen ignoriert oder übersehen. Doch genau hier beginnt unsere soziale Ver­ant­wor­tung. Wir schauen nicht nur hin, sondern handeln ent­schie­den. Wir setzen alles daran, Menschen bereits in jungen Jahren für diese Her­aus­for­de­rung zu sen­si­bi­li­sie­ren, um das Folgende zu vermeiden:

In Deutsch­land gilt jemand als arm, wenn sein mo­nat­li­ches Einkommen weniger als 917 Euro beträgt. Dies ist die der­zei­ti­ge Ar­muts­ge­fähr­dungs­schwel­le. Unter dieser Grenze sind vor allem Ar­beits­lo­se und Al­lein­er­zie­hen­de häufig zu finden. Al­ler­dings ist auch eine weitere Gruppe zunehmend betroffen: Aktuelle Zahlen zeigen, dass viele Rentner in Deutsch­land an der Ar­muts­gren­ze leben.

In den ver­gan­ge­nen Jahren waren laut Sta­tis­ti­schem Bundesamt ca. 14 Prozent der Menschen über 65 Jahre arm. Unter den Rentnern beträgt dieser Anteil sogar 15,6 Prozent. Das stellt ein Problem dar, wie Johannes Geyer, So­zi­al­ex­per­te vom Deutschen Institut für Wirt­schafts­for­schung (DIW), betont: „Wenn jemand am Ende seines Lebens arm ist, hat er kaum noch Mög­lich­kei­ten, seine Situation zu ver­bes­sern.” Auch wenn die Quote bei den Älteren im Vergleich zu Al­lein­er­zie­hen­den nicht einmal halb so hoch ist, bedeutet es dennoch, dass viele Menschen ihre fi­nan­zi­el­len Ver­pflich­tun­gen nicht mehr be­wäl­ti­gen können.“

Ein zu­sätz­li­ches Anliegen im Zu­sam­men­hang mit den be­dürf­ti­gen Senioren: Ihre Zahl nimmt kon­ti­nu­ier­lich zu. Im Jahr 2006 waren 10,3 Prozent der Rentner von Armut betroffen, doch heute sind es bereits 15,6 Prozent. Das ent­spricht einer Stei­ge­rung von 51 Prozent. Die Quote der von Al­ters­ar­mut be­trof­fe­nen Rent­ne­rin­nen und Rentner ist in keiner anderen Be­völ­ke­rungs­grup­pe so stark gestiegen. Die Gründe dafür sind viel­schich­tig: Bei­spiels­wei­se die hohe Ar­beits­lo­sig­keit nach der Wende und die Ent­wick­lung der Renten in den ver­gan­ge­nen Jahren waren große Faktoren für das Thema Altersarmut. 

Gerade, weil dieses Thema so sensibel und so traurig ist, sollten wir es genauer anschauen!

Grafik zeigt zunehmende Anzahl bedürftiger Rentner in Deutschland
Grafik vom statistischen Bundesamt zur Armutsgefährdungsquote in Deutschland

Besonders her­aus­ge­for­der­te Bevölkerungsgruppen: 

Al­ters­ar­mut betrifft ins­be­son­de­re Frauen und Witwen in be­son­de­rem Maße.
Frauen sind fi­nan­zi­ell schlech­ter ab­ge­si­chert, da die Wit­wen­ren­te nicht das volle Ren­ten­ni­veau des ver­stor­be­nen Ehemannes erreicht. Zudem haben Frauen eine längere Le­bens­er­war­tung im Vergleich zu Männern. Lange an­dau­ern­de Ba­by­pau­sen und Er­zie­hungs­zei­ten wirken sich später ebenfalls negativ auf die Ren­ten­hö­he aus. Aus diesem Grund ist die Ar­muts­quo­te bei Rent­ne­rin­nen in West­deutsch­land höher (16,9 Prozent) als bei Rent­ne­rin­nen in Ost­deutsch­land (13,4 Prozent), wo Frauen in der Regel früher wieder ins Ar­beits­le­ben zurückkehren.

Ein erhöhtes Risiko für Al­ters­ar­mut besteht auch bei Menschen, die lang­fris­tig ar­beits­los sind. Denn generell gilt: Wer über weniger Jahre hinweg arbeitet, zahlt auch weniger Beiträge in die Ren­ten­ver­si­che­rung ein und erhält dem­entspre­chend eine nied­ri­ge­re Rente. Um im Alter nicht in die Armut ab­zu­rut­schen, sollte man im Verlauf seines Ar­beits­le­bens etwa 35 Ver­si­che­rungs­jah­re vorweisen können.

Doch was geschieht, wenn man zwar viele Jahre ge­ar­bei­tet hat, jedoch dabei nur ein geringes Einkommen erzielt hat? Um am Ende des Lebens über dem aktuellen Grund­si­che­rungs­satz (2021) von 446 Euro zu liegen, wäre bei einer Voll­zeit­tä­tig­keit ein Stun­den­lohn von min­des­tens 15 bis 16 Euro notwendig. Doch ein Drittel der Be­völ­ke­rung erreicht derzeit dieses Niveau nicht. Selbst der Min­dest­lohn kann hier nicht aus­rei­chend helfen: Selbst bei einer Tätigkeit mit dem Min­dest­lohn von 12,80 Euro pro Stunde ist es nahezu unmöglich, genügend Ren­ten­punk­te an­zu­sam­meln, um im Alter nicht in Armut zu enden (Siehe: Wie wird meine Rente berechnet und wie hoch wird sie sein?).

Keine Besserung in Sicht

Die Aus­sich­ten für die zu­künf­ti­ge Ent­wick­lung sind düster. Dies liegt jedoch nicht nur an den aktuellen Nied­rig­löh­nen, sondern auch an der Mas­sen­ar­beits­lo­sig­keit, die in den 90er Jahren und um die Jahr­tau­send­wen­de herrschte. Die Menschen, die damals keine Be­schäf­ti­gung fanden, werden bald das Ren­ten­al­ter erreichen. Gruppen, die bereits heute von Armut im Alter bedroht sind, werden vor­aus­sicht­lich auch in Zukunft weiterhin gefährdet sein. Ein kleiner Ge­gen­trend könnte sich jedoch bei Frauen ab­zeich­nen, da sie sich zunehmend besser in den Ar­beits­markt in­te­grie­ren. Dies könnte positive Aus­wir­kun­gen auf ihre fi­nan­zi­el­le Situation im Alter haben.

Bislang hat die Politik noch kein wirksames Konzept gegen Al­ters­ar­mut vorgelegt.

Es fehlt nach wie vor an einem po­li­ti­schen Plan, um diese Ent­wick­lung zu stoppen. Deshalb ist es ratsam, selbst aktiv zu werden, wenn man im Ren­ten­al­ter nicht von Armut betroffen sein möchte. Es ist wichtig, so viele Ren­ten­punk­te wie möglich an­zu­sam­meln, doch leider können gerade die Menschen in den ge­fähr­de­ten Ri­si­ko­grup­pen diesen Rat oft kaum befolgen.


Zu­sätz­lich wird eine private Al­ters­vor­sor­ge immer wichtiger, und diese kann auch über eine her­kömm­li­che Zu­satz­ver­si­che­rung hin­aus­ge­hen. Wer es sich leisten kann, sollte in Eigentum in­ves­tie­ren und eine solide fonds­ge­bun­de­ne Vorsorge aufgebaut haben. Und es ist wichtig, eine gute Beziehung zu seinen Kindern zu pflegen. Denn wer keine Kinder, Familie oder ein starkes soziales Netzwerk hat, das im Notfall auffängt, wird später vor Schwie­rig­kei­ten stehen.